02.07.06 - Präsentation: Gedichtband "postlagernd"

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Lust an einem Fußball-WM freien Tag auf Literatur? Dann nichts wie hin zur Präsentation der 23. Ausgabe des Tiroler Literaturmagazins Cognac & Biskotten. Thema diesmal: Kontaktaufnahmen - Motto: Botschaften & Blabla / Format: 15-teilige Postkarten-Edition / Präsentationsort: Innsbrucker Hauptpost-Amt (Maximilianstraße 2) am Sonntag, den 2. Juli 2006!

Ab 19.30 Uhr huldigt Co & Bi der Postkarte, der immer mehr und mehr von SMS oder Mails verdrängten Grand-Dame der Kurzmitteilungen! Gemeinsam mit den AutorInnen Claudia Angerer-Foissner, Jutta Höpfel (Präsidentin des Pen Club Tirol), Maria Koch, Thomas Schafferer, Gabi Wild und der Stargästin ULRIKE DRAESNER bzw. dem Tiroler Ehrengast HANS AUGUSTIN wird ein vielfältiger Abend zelebriert!

Und wieder verspricht Co & Bi unkonventionelle Zugänge zum oft sperrigen Thema Literatur zu vermitteln, denn die auftretenden AutorInnen werden in hellblauen Postler-Hemden gesteckt hinter den sieben Schaltern der Hauptpost lesen. Soundtechnisch unterstützt werden sie dabei vom unfrankierten TONMEISTER GUGGI, der seine schönsten Platten zu den Hauptthemen des Abends aus der Versenkung holt.

Noch dazu stellt Co & Bi Chefredakteur Thomas Schafferer in diesem Rahmen auch seinen neuen Gedichtband "postlagernd. 57 Gedichte aus dem Leben eines Briefträgers" (Edition BAES, Zirl 2006) vor!

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TEXTPROBE:

ein briefträger hat das glück

ein briefträger muss den naturgewalten trotzen können
ob hagel, schnee, regen er muss sich mit seinem kleinen
wagen, der neuerdings gelborange ist, durch die landschaft
boxen, böse hunde machen ihm das leben schwer
ungezogene menschen grüßen ihn nicht und das ärgert
ihn, ein briefträger ist kein mensch wie du und ich, schon
so wie ich, doch nicht wie du, denn ich bin der briefträger
der im regensturm noch trockene briefe bringt, der selbst
bis zur haut durchnässt das material trocken hält, ein
briefträger der in der landschaft steht, von blitzen halb
erschlagen, vom regen aufgelöst, vom hagel geschunden
kehrt kurz vor zwölf uhr mittags in das postamt zurück
rechnet ab und geht schwimmen, die wolken reißen auf
ein blauer strahlendklarer himmel und tiefheiße strahlen
erwärmen das land, ein briefträger hat das glück auf
seiner seite, egal ob es gerade stürmt oder schneit, für
ihn scheint immer die sonne, ein briefträger hat das glück

(Dieser hier wiedergegebene Text ist urheberrechtlich geschützt und darf ohne ausdrückliche Erlaubnis in keiner Form wiedergegeben oder zitiert werden.)


VORWORT VON MAG. GABI WILD:

Früh beginnt der Tag eines Briefträgers.
Zu früh, wenn sich der Postillion im nächtlichen Dorfgeschehen herumtreibt.
Montage sind ihm verhasst, Dienstagsarbeit lässt sich auf Mittwoch verschieben.
Auf Postkarten wartet auch der alte Nazi, der einen Ausländer beschäftigt. „return to sender“ heißt es zwar bei der schönen Unbekannten, doch wenn der Postmann kommt, darf er trotzdem ein bisschen länger bleiben.
Amtliches bleibt ihm auch nicht erspart, ein menschenleeres Postamt bietet ihm eine eigene Art der Ruhe.
Ein Postbote geht seine Route, jeden Tag, monoton. Heimlich stillt er seine Sucht nach interessanten Postkarten. Bis die Spezies „Briefträger“, sei sie auch noch so schnell, die Zeit einholt. Denn ein „mailman“ ist noch schneller.

Thomas Schafferer, 1. Arthur-Haidl-Preisträger der Stadt Innsbruck, gibt lyrisch verarbeitete Einblicke in das Leben eines Briefträgers.


REZENSION VON HELMUTH SCHÖNAUER:

In den Händen der Post werden Nachrichten greifbar. Postlagernd ist ein lyrischer Übergangszustand, wo die Nachricht bereits zum Ausfassen aufliegt, aber noch nicht zum Empfänger durchgekommen ist. So gesehen sind letztlich alle Gedichte ein postlagerndes Ereignis, sie sind schon abgefasst, aber wir Leser haben sie noch nicht ausgefasst.

Thomas Schafferer steckt das lyrische Ich zwischendurch in die Uniform eines Postzustellers. Natürlich gibt es die barocken Postuniformen heutzutage nicht mehr, aber die Sensibilität eines Postzustellers ist trotz digitalisierter und automatisierter Zustellvorgänge immer noch heftigst ausgeprägt.

In den Gedichten verrichtet vordergründig jemand eine Arbeit, die aus frühem Aufstehen, heftigem Sortieren und wetterfestem Zustellen besteht. Dazwischen bleiben Träume und Gedanken, was es mit diesen Nachrichten auf sich hat, ob die Welt tatsächlich besser wird, wenn es Botschaften zwischen den Menschen gibt, und wie letztlich allgemeingültige Beobachtungen auf die Empfindsamkeit des Einzelnen herunter gebrochen werden können.

Das lyrische Ich schaut gewissermaßen in einen Bottich voller Nachrichten und wird dabei selbst zum Gegenstand einer Nachricht.

Wie in einem archaischen Schöpfungsbericht sind die Gedichte in sieben Schöpfungstagen aufgefädelt. Es beginnt mit den "fünf morgenminuten", die vom frühen Aufstehen und Erwecken der Welt handeln. Der "teuflische postillion" macht im nächsten Abschnitt zwischen Blues und Wahnsinn seinen Beinen Beine, als Mister Speed rast er zwischen dem Ruck eines Sekundenzeigers von einer Wohnungstür zur nächsten und stellt zu.

"sieben tage" ist der Versuch, die Woche irgendwie in den Griff zu bekommen. "der sonntag ist der tag, den der briefträger hasst und liebt zugleich." (25)

"von amts wegen" ist eine magische Floskel, die gewöhnlichen Abläufen die Aura von Unsterblichkeit verleiht.

Nach der Vigilanz im Kapitel "kein nachtschlaf" wird der Postbote ein "träger träger" bis er dann den "letzten gang" antritt, der mit einem Befreiungsschlag endet: Das hellblaue Posthemd kann endlich vom Leib gestreift werden.

Thomas Schafferers "postlagernd" ist eine lyrische Zustellung melancholischer und ironischer Botschaften. Ein von der Arbeit gedemütigtes, hellwaches Posthirn lässt die Zeit postlagernd vergehen in der Hoffnung, dass sie reift wie ein behutsam gesennter Almlaib.

Thomas Schafferer: Postlagernd. 57 Gedichte aus dem Leben eines Briefträgers.
Zirl: Edition BAES 2006. 71 Seiten. EUR 9,90. ISBN 3-9500933-3-8.
Thomas Schafferer, geb. 1973 in Innsbruck, lebt in Pfons.

Helmuth Schönauer 17/08/06

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